Pflege-Urteil: Enkel müssen geschenktes Geld zurückzahlen

Das Team um den Pflegeversicherung-Spezialisten Holger Rasch berät Sie gerne bei allen Fragen zu Ihrer Pflegeversicherung.Geschenktes Geld kann für die Pflege eingefordert werden! Wird ein Familienmitglied pflegebedürftig, kann dies schnell teuer werden. Verfügt man über keine private Pflegeversicherung, muss ein Teil der Pflege aus eigener Tasche bezahlt werden. Ist das eigene Vermögen aufgebraucht, müssen oft Angehörige für die Pflege aufkommen. Das Oberlandesgericht in Celle hat kürzlich entschieden, dass sogar Geldgeschenke der Großeltern an die Enkel durch das Sozialamt eingefordert werden können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ist keine private Pflegeversicherung vorhanden, muss der Eigenanteil zur Pflege aus eigener Tasche gezahlt werden.
  • Ist das eigene Vermögen aufgebraucht, werden die nächsten Familienangehörigen zur Kasse gebeten.
  • Auch auf einem Sparkonto angelegtes Geld für Enkelkinder kann durch das Sozialamt eingefordert werden.

Worum geht es?

Im Fall des Oberlandesgerichts Celle hatte eine Großmutter zur Geburt ihrer beiden Enkelkinder in den Jahren 2003 und 2005 jeweils ein Sparkonto angelegt. Auf beide Konten flossen monatlich 50,- Euro. Die Konten waren für 25 Jahre angelegt. Ab 2015 benötigte die Großmutter eine vollstationäre Betreuung und zog in eine Pflegeeinrichtung um. Sie besaß keine private Pflegeversicherung und ihre Rente von monatlich 1250,- Euro reichte nicht zur Deckung des Eigenanteils der Pflege. Sie musste bereits frühzeitig die Einzahlung auf die Sparkonten stoppen, sodass nur 9 beziehungsweise 11 Jahre lang Geld auf die beiden Sparkonten flossen. Die Kommune musste für die Kosten der Pflege aufkommen und zahlte im Verlauf der Pflege der Großmutter über 25.000 Euro an die Pflegeeinrichtung. Nach dem Ableben der Großmutter forderte die Kommune von der Enkelin die volle über 9 Jahre angesparte Summe von 5850,- Euro ein. Beim Enkel, für den 11 Jahre lang eingezahlt wurde, belief sich die Summe aufgrund der 10-Jährigen Verjährungsfrist auf 6000,- Euro. Beide Konten wiesen lediglich einen Restkontostand von 137,10 Euro auf. Die Kommune klagte anschließend gegen die Enkel und Ihre Eltern. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, doch das Oberlandesgericht Celle entschied im Februar 2020 zu Gunsten der Kommune. Das Ergebnis: Die Enkel müssen 5712,90 beziehungsweise 5862,90 Euro zuzüglich Zinsen an die Kommune zurückzahlen. Zudem tragen sie die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist rechtskräftig.

Urteilsbegründung

In der Pressemitteilung zur Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts Celle wird insbesondere auf die Kategorisierung der verschiedenen Typen von Schenkungen eingegangen. Grundsätzlich können Schenkungen nach bis zu Zehn Jahren zurückgefordert werden, wenn die schenkende Person pfelgebedürftig wird. Auf moralischer Verantwortung beruhende Anstandsschenkungen oder sittlich gebotene Schenkungen sind nicht einforderbar. Gemeint sind hiermit Geldgeschenke zu Geburtstag, Taschengeld oder Weihnachten. Anders verhält es ich bei regelmäßigen Zahlungen zum Kapitalaufbau, wie im vorliegenden Fall.

„Regelmäßige Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau können zurückgefordert werden, wenn der Schenker selbst bedürftig ist.“ (Urteilsbegründung OLG Celle)

Dabei ist es nicht relevant, ob der Schenkende zu Beginn der Zahlungen absehen konnte, dass er/sie später pflegebedürftig werden würde.

Zusammenfassung

  • Gesetzlich müssen Angehörige erst ab 100.000,- Euro Bruttoeinkommen für finanzielle Lücken in der Pflege aufkommen.
  • Schenkungen können unter bestimmten Voraussetzungen zurückgefordert werden:
    • Wenn es sich um keine Anstandschenkungen oder sittlich gebotene Schenkungen (Geburtstag, Taschengeld, Weihnachten) handelt, können Schenkungen grundsätzlich vom Sozialträger eingefordert werden.
  • Für Schenkungen gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.
  • Hierbei ist nicht relevant, ob die schenkende Person ihre spätere Pflegebedürftigkeit absehen konnte.

Fazit zu Pflege-Urteil: Enkel müssen geschenktes Geld zurückzahlen

Der Rechtsstreit und das Urteil des OLG Celle kreieren einen Päzendezfall. Durch die Urteilsbegründung wird eindeutig festgelegt, in welchen Fällen auch geschenktes Geld von den Enkelkindern durch die Sozialträger eingefordert werden kann. Im vorliegenden Fall trifft es die Familie besonders hart: Die angesparten Geldsummen wurden bereits durch beide Kinder investiert. Durch das Urteil und die zu begleichenden Rückforderungen entsteht ein besonderer finzanzieller Druck. Die gut gemeinten Sparbemühungen der Großmutter entwickeln sich nun zum Boomerang für die Familie.

Durch den frühzeitigen Abschluss einer privaten Pflegeversicherung wären die Folgen für die Gesamtfamilie zu verhindern gewesen. Die Versicherung hätte den Eigenanteil der Großmutter übernommen. Somit hätte die Kommune als Sozialträger keine Pflegeleistungen mitübernehmen müssen und auch keine Grundlage für Rückforderungen geschaffen. Das angesparte Vermögen der Enkelkinder bliebe durch die Kommune unangetastet. Im besten Fall hätte die Großmutter durch den von der Versicherung beglichenen Eigenanteil sogar genug Geld übrig gehabt, um die Sparkonten Ihrer Enkel mit Ihrer Rente weiterhin zu bedienen.

Der vorliegende Fall zeigt einmal mehr die Bedeutung einer privaten Absicherung für den möglichen Pflegefall. Die Pflegesituation führt ohnehin zu psyschichen Belastungen für alle Beteiligen. Eine private Pflegeversicherung ermöglicht es, den finanziellen Druck von der Familie zu nehmen und sichert zudem die Sparanlagen für Studium oder Führerschein der Enkelkinder ab.

Gerne könne Sie uns eine Nachricht schreiben oder rufen Sie uns an unter 02641 205445. Wir sind gerne persönlich für Sie da.