Pflegezusatzversicherung mit staatlicher Förderung sinnvoll?
Josef H. rief mich letzte Woche zur Beratung für eine private Pflegezusatzversicherung an. Er hatte sich im Vorfeld sehr intensiv mit dem Thema „finanzielle Absicherung im Pflegefall“ beschäftigt und war entsprechend gut informiert. Für Ihn kam nur eine „Pflegetagegeldversicherung“ in Betracht. Er fragte mich, ob ein Pflegetarif mit oder ohne staatlicher Förderung sinnvoller wäre.
Diese Frage lässt sich leider nicht so einfach pauschal beantworten. Ich sage oft, dass eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung, der sogenannte Pflege Bahr, „Segen“ und „Fluch“ gleichzeitig ist. Er ist ein „Segen“ für Personen mit schweren Vorerkrankungen wie Krebs, HIV oder Multiple Sklerose. Diese werden aufgrund der Gesundheitsprüfung nicht mehr in die freien „Pflegeversicherungstarifen“ aufgenommen. Gleichzeitig ist das auch sein größer „Fluch“. Denn tendenziell werden im „Pflege Bahr“ Personen aufgenommen die hohe Vorerkrankungen haben.
Durch die fehlende Gesundheitsprüfung ist es für die Versicherungsgesellschaften schlichtweg unmöglich das jeweilige Risiko zu bewerten. Eine fehlende Risikoprüfung wird zwangsläufig die Anzahl der „Pflegefälle“ (Schadenquote) erhöhen, was sich wieder auf den zu zahlenden Beitrag auswirkt. Da Josef H. einen für sein Alter sehr guten Gesundheitszustand hat (Er geht mit seinem Hund jeden Tag mind. 10 Kilometer spazieren und spielt noch 2x die Woche Tennis), haben wir keine Problem mit den Gesundheitsfragen gehabt und ich konnte Josef H. kostengünstig in einem der „normalen“ Pflegetagegeldtarife mit vereinfachter Gesundheitsprüfung unterbringen.
Unser Tipp
Bevor Sie sich für einen Pflege Bahr Tarif mit „ungewisser Beitragsentwicklung“ entscheiden, prüfen Sie ob nicht doch die Möglichkeit besteht bei einem normalen Pflegetagegeld-Tarif versichert zu werden. Insbesondere Gesellschaften wie der Münchener Verein (MV), die Württembergische oder die Allianz haben sehr einfache Gesundheitsfragen. Alle Informationen zu den jeweiligen Gesellschaften sowie die kompletten Gesundheitsfragen finden Sie in unserem Vergleichsrechner.
Vergleich Ungeförderte und Geförderte Tarife
Pflegetagegeld (Umgefördert) | Pflege Bahr Tarif (gefördert) | Kombination Pflege Bahr + Pflegetagegeld | |
---|---|---|---|
staatliche Förderung? | Nein | Ja | Ja |
Wartezeiten? | meistens 0 Jahre, einige Gesellschaften bis 3 Jahre | Generell 5 Jahre | Je nach Gesellschaften zwischen 0 – 5Jahren |
Gesundheitsprüfung? | Ja | Nein | Ja |
Beitragsbefreiung im Leistungsfall? | Ja, je nach Gesellschaft bereits ab Pflegegrad 1 | Nein | Ja, abhängig vom gewählten Tarif, bereits ab Pflkegegrad 1 (Gilt nicht für den integrierten Pflege Bahr) |
Beitragsstabilität? | Gut | Risiko: steigende Beiträge durch hohe Schadensquote (viele Pflegefälle durch hohe Vorerkrankungen) | Risiko durch den integrierten Pflege Bahr Tarif |
Leistungshöhe | frei wählbar! | Limitiert, meistens nur 600,-€ im Pflegegrad 5 | frei wählbar |
Leistungsweite | Europaweit, sehr oft auch Weltweit | Europaweit | Europaweit |
Kritische Meinungen zum staatlich geförderten Pflege Bahr
Verbraucherzentrale Niedersachsen
„Besser: Pflegetagegeldversicherung ohne staatliche Zulage“
Stiftung Warentest
„Wir halten den Pflege-Bahr für wenig empfehlenswert“, sagt Stiftungs-Expertin Aline Klett.
Axel Kleinlein, ehemaliger Vorstandsvorsitzender beim Bund der Versicherten:
“Das Produkt ist nicht durchdacht – die Kalkulation des Pflege-Bahr war von vornherein ein Blindflug.” Weder sei die zu erreichende Leistung hoch genug, um die Versorgungslücke zu schließen, noch sei es sinnvoll, Gesellschaften zu zwingen, jeden zu vorgegeben Kosten zu versichern. “Wenn in fünf bis zehn Jahren die ersten Leistungsfälle kommen, dann werden wir starke Beitragssteigerungen erleben.”
Analysehaus Morgen & Morgen:
“Kontrahierungszwang und somit eine fehlende Gesundheitsprüfung machen die geförderten Pflegetarife am Ende durch ihre höheren Risiken teurer, als die nicht geförderten Pflegetagegeldtarife.”
Analysenaus KVpro:
Da nun auch endlich Personen, die Vorerkrankungen aufweisen, chronisch krank sind und ein hohes Pflegerisiko haben, eine private Pflegezusatzversicherung abschließen können, steigt natürlich das Risiko, dass die Beiträge nach der fünfjährigen Wartezeit angepasst werden müssen.
FAZIT – Pflegezusatzversicherung mit staatlicher Förderung sinnvoll
Bevor Sie sich für einen Pflege Bahr Tarif mit ungewisser Beitragsentwicklung entscheiden, prüfen Sie ob nicht doch die Möglichkeit besteht bei einem normalen Pflegetagegeld-Tarif versichert zu werden. . Alle Informationen zu den jeweiligen Gesellschaften sowie die kompletten Gesundheitsfragen finden Sie in unserem Vergleichsrechner.